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Zwischen Antisemitismus, Rassismus und Flucht – Multiperspektivische Zugänge zu Juden / Judentum, Nahostkonflikt und Holocaust in der post-migrantischen Gesellschaft

BER_F_03 – Projekt des FGZ Berlin

Zielsetzung / Fragestellung

Das Projekt analysiert Einstellungen zu den Themenkomplexen Juden / Judentum, Holocaust, Nahostkonflikt und Antisemitismus bei verschiedenen AkteurInnen der deutschen Gesellschaft. Es fragt nach ihren Ursachen angesichts unterschiedlicher Erfahrungen und legt einen Schwerpunkt auf verschränkte Perspektiven. Die Sichtweisen von Geflüchteten und Menschen mit Rassismuserfahrung stehen bei der qualitativen empirischen Analyse im Vordergrund, wie auch die Sichtweisen von MultiplikatorInnen aus der historisch-politischen Bildungsarbeit. Ziel des Vorhabens ist es, jenseits einer „Opferkonkurrenz“ Aushandlungs- und Lernprozesse sichtbar zu machen, die die Gemeinsamkeit von Erfahrungen – beispielsweise von Flucht, Vertreibung oder Rassismus – und Normen betonen. Damit soll eine Grundlage für neue vielfältige Erinnerungskulturen sowie für Präventionsmaßnahmen gegen Antisemitismus / Rassismus geschaffen werden.

Folgende Fragen stehen im Mittelpunkt: 1. Wie können Erinnerungen an unterschiedliche gesellschaftliche Ereignisse jenseits von Konkurrenzlogik und Gleichsetzungen miteinander verknüpft werden? Wie kann aus dieser historischen Pluralität ein postmigrantisches, diversitätsorientiertes Gegenwartsverständnis erlangt werden, welches Erinnerungspolitiken wie Selbstwahrnehmung der Mehrheitsgesellschaft verändert? 2. Welche Ausprägungen haben antisemitische und anti-antisemitische Einstellungen bei Geflüchteten und anderen Migrant_innen – sowohl im Herkunftsland als auch in Deutschland? Welche Rolle spielen Flucht- und Rassismuserfahrungen? 3. (Wie) können die Erfahrungen, die Menschen mit Rassismus gemacht haben, zu Sensibilisierung gegenüber historischem wie aktuellem Antisemitismus beitragen und umgekehrt? Was kann dabei von anderen Einwanderungsländern, wie beispielsweise den USA, gelernt werden? Welche historischen Beispiele wechselseitiger Solidarität zwischen antirassistischen und anti-antisemitischen Akteuren finden sich?

Das Projekt erarbeitet diese Fragestellungen in enger Kooperation mit Praxispartnern aus der historisch-politischen Bildungsarbeit, mit denen unter anderem mehrere Fachtagungen, Publikationen, Podcasts und Workshops veranstaltet werden.

Thematischer Bezug zu gesellschaftlichem Zusammenhalt

In den neuerlichen Debatten um Flucht und Migration werden zentrale kulturelle Werte im öffentlichen Raum verhandelt. Kaum ein Themenbereich ist dabei moralisch und politisch so aufgeladen wie aktueller und historischer Antisemitismus, und damit zusammenhängend Judentum, Holocaust und Israel / Nahostkonflikt. Immer wieder wird behauptet, dass sich die Werte von Geflüchteten insbesondere aus arabischen Ländern grundsätzlich von deutschen unterscheiden würden. In diesem Zusammenhang ist auch die Rede von einem „importierten Antisemitismus“. Diese Rede schließt an ältere, seit Beginn des Jahrtausends laufende Debatten an, welche Antisemitismus in Deutschland primär bei Menschen mit Migrationshintergrund aus mehrheitlich muslimischen Ländern verorten, wie auch an bestehende Sorgen um die Ausweitung des Islamismus in Deutschland und Europa.

Die skizzierten Entwicklungen und gesellschaftspolitischen Reflexionen stellen gleichermaßen eine Herausforderung wie ein Potenzial für den gesellschaftlichen Zusammenhalt dar. Denn es geht nicht nur um Konflikte, sondern auch um Integrationsprozesse zwischen Einwanderergruppen und Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft, die sich insbesondere in Alltags- und Mikrosituationen zeigen. Die dortige Konfrontation mit unterschiedlichen Vorstellungen kann zu einem Wandel auf einer individuellen wie auf einer gesamtgesellschaftlichen Ebene beitragen – MigrantInnen verändern nicht nur sich selbst, sondern auch die Normen der Aufnahmegesellschaft. Das Anknüpfen an Erfahrungen und Wissensbestände aus den Herkunftsländern und Deutschland eröffnet somit die Möglichkeit, Kontinuitäten und Differenzen in den Erlebnissen von Flucht, Migration und Ausgrenzung zu thematisieren sowie den Wandel der deutschen Gesellschaft hin zu einer veritablen Migrationsgesellschaft zu begleiten. Das Projekt untersucht, wie sich Bezüge von Menschen verschiedener kultureller Hintergründe zueinander und zu einem gemeinsamen gesellschaftlichen Gesamtkontext in Prozessen der Kooperation und Integration gestalten.

Durch seine Arbeit mit Menschen aus unterschiedlichen Herkunftskontexten ist dem Projekt eine internationale Perspektive inhärent; ein Vergleich dieser verschiedenen nationalen und kulturellen Bezugspunkte ist eine seiner Grundlagen. Das heißt, das Projekt leistet einen gleichermaßen empirisch-analytischen und vergleichend-kontextualisierenden Beitrag. Es verortet Antisemitismus, Rassismus und Flucht im (erinnerungs-)politischen Spannungsfeld von Holocaust und Nahostkonflikt. Somit stehen die diskursiven Rahmenbedingungen der politischen Kultur sowie die affektive Dimension von Zusammenhalt zur Diskussion.

Principal Investigators

Dr. Sina Arnold
Berlin

Dr. Sina Arnold

Projektleiterin, Mitglied im WissKomm-Ausschuss
arnold@tu-berlin.de

Laufzeit, Cluster und Forschungsfelder

Laufzeit:

10 / 2020 – 05 / 2024

Cluster und Forschungsfelder:

  • Cluster 1: Theorien, Politiken und Kulturen des Zusammenhalts
  • C1: Demokratie und Öffentlichkeit
  • C1: Soziale Pluralität
  • Cluster 3: Historische, globale und regionale Varianz des Zusammenhalts

Termine

19:00 Uhr Berlin
Markgrafendamm 24c, 10245 Berlin

Solidarische Bündnisse? - Fünf Jahre nach dem rechten Terroranschlag von Halle

Podiumsdiskussion zum Terroranschlag von Halle
18:00 Online

Verknüpfte Erinnerungen - Omar Kamil im Gespräch mit Sina Arnold

Verknüpfte Erinnerungen - Narrative von gestern für Deutsche von morgen Deutschland beheimatet als Einwanderungsland Menschen mit unterschiedlichen Geschichtserfahrungen und – daraus folgend – Erinnerungskulturen. Das stellt Gesellschaft und Politik vor außerordentliche Herausforderungen. Deutschland ist historisch durch die christliche Judenverfolgung, den Antisemitismus und den Holocaust geprägt, sieht sich aber, aufgrund von Flucht und Einwanderung, mit dem Erbe des Kolonialismus zunehmend konfrontiert.

Publikationen

Institutioneller Antisemitismus als Analyseperspektive

Marginal(ized) plurality: An empirical conceptualization of Michael Rothberg’s “multidirectional memory” in German educational settings

Verflechtungen. Multidirektionale Erinnerung als ein Zugang zur historisch-politischen Bildung in der postmigrantischen Gesellschaft

Transferorientierte Forschung und historischpolitische Bildungsarbeit mit syrischen Geflüchteten – Chancen und Herausforderungen

Antisemitismus in den USA. Von den Kolonien zum Age of Trump

Preface

Antisemitismus in der Migrationsgesellschaft. Theoretische Überlegungen, Empirische Fallbeispiele, Pädagogische Praxis - Nikolaus Hagen and Tobias Neuburger

Rezension: Pollack, Eunice (Hg.): From Antisemitism to Anti-Zionism: the past and present of a lethal ideology

Antisemitismus von links

Frenemies: Antisemitismus, Rassismus und ihre Kritiker:innen

Über Freund- und Feindschaften im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus

Jüdisches Weißsein, Schwarzer Antisemitismus und die Color-line. Das Fallbeispiel USA.

From Occupation to Occupy. Antisemitism and the Contemporary American Left.

Across Lines of Color: Das Verhältnis Schwarzer und jüdischer Communities in den USA

Vom Getrennten und Gemeinsamen. Bedingungen multidirektionalen Erinnerns in der Migrationsgesellschaft

Anti-Muslim Racism, Post-Migration, and Holocaust Memory: Contours of Antisemitism in Germany Today

Mehr erinnern, nicht weniger

Der kurze Sommer des Postnationalen

Antisemitismus in der Migrationsgesellschaft

Eine Antisemitismusdefinition für die Praxis / A practical definition of antisemitism

FGZ-interne Kooperationspartner:innen

Dr. Felix Axster
Berlin

Dr. Felix Axster

Stellvertretender Standortsprecher, Principal Investigator, Mitglied im WissKomm-Ausschuss, Mitglied im Institutsrat …
felix.axster@tu-berlin.de
Dr. habil. Mathias Berek
Berlin

Dr. habil. Mathias Berek

Themenfeldkoordinator, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Mitglied im Datenausschuss
mathias.berek@fgz-risc.de
Prof. Dr. Gert Pickel
Leipzig

Prof. Dr. Gert Pickel

Themenfeldleiter von A, Standortsprecher, Principal Investigator
pickel@rz.uni-leipzig.de
Dr. Janine Dieckmann
Jena

Dr. Janine Dieckmann

Stellvertretende Standortsprecherin, Principal Investigator, Mitglied im Institutsrat
janine.dieckmann@idz-jena.de
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