Das Arbeitspaket (AP) setzt das quantitative Regionalpanel (RP) in den zwölf Untersuchungsorten der ersten Förderphase fort. Als Wiederholungsbefragung ermöglicht es Kausalanalysen zu Veränderungen des lokalen Zusammenhalts im regional kontextualisierten Mehrebenendesign und ist als zentrale Dateninfrastruktur des Themenfelds C übergreifend in allen seinen drei Schwerpunkten angesiedelt.
Orientiert an internationalen Studien, geht das Regionalpanel davon aus, dass Infrastrukturen und öffentliche Güter häufig mit Verteilungs- und Bewertungskämpfen in regionalen Räumen verbunden sind und dass ihre Akzeptanz und Stärke mit gemeinschaftlichen Strukturen vor Ort zusammenhängen. Das Untersuchungsdesign des Regionalpanels entspricht dieser Relationalität zwischen Akteur:innen und Regionen in mehrfacher Hinsicht, da es Stadtteilstudien ebenso ermöglicht wie Bundeslandvergleiche. Das Regionalpanel untersucht die regionalen Ausprägungen gesellschaftlichen Zusammenhalts und es rücken zahlreiche sozialräumliche Determinanten in den Fokus.
Das Panel bildet damit eine Brücke zwischen den Fragestellungen der Themenfeldschwerpunkte „Welche bindenden oder trennenden Effekte haben Infrastrukturen und öffentlich Güter auf den Zusammenhalt?“ und „Wie gestaltet sich das Verhältnis von öffentlicher Verantwortung und zivilgesellschaftlicher Initiative bei der Erstellung öffentlicher Güter?“ und fragt übergreifend, welche Typen lokaler Formen von Zusammenhalt wir vorfinden, wenn wir auf die Struktur und die Praxis öffentlicher Güter und Infrastrukturen blicken.
Infrastrukturen und öffentliche Güter sowie die damit verbundenen Aushandlungs- und Nutzungsprozesse können einerseits einen bindenden Charakter (loyalty) in Form von Stimmerhebung und Teilhabe durch den Zugang zu Infrastrukturen und öffentlichen Gütern aufweisen (voice) und damit einen wesentlichen Baustein für eine teilhabeorientierte Gesellschaft und den gesellschaftlichen Zusammenhalt (vor Ort) bereitstellen. Andererseits können Infrastrukturen und öffentliche Güter potentiell auch exkludierend wirken. Dies bildet sich etwa durch Enttäuschung oder Rückzug vor dem Hintergrund fehlender oder mangelhafter Angebote ab (exit). Die dabei strukturell verwehrten Zugänge zu Infrastrukturen und öffentlichen Gütern wirken restriktiv und sind potentiell als eine Gefahr für den Zusammenhalt in demokratischen Gesellschaften zu verstehen.
Seit der ersten Erhebungswelle 2021 werden Zufriedenheiten mit diversen konkreten Infrastrukturen und deren Veränderungen laufend im Regionalpanel untersucht, womit eine differenzierte empirische Basis vorliegt, auf die die AP des Schwerpunkts zurückgreifen können: Im Zugang bzw. verwehrten Zugang zu Infrastrukturen und öffentlichen Gütern spiegeln sich z.B. Wahrnehmungen von lokalen Machtverhältnissen und Raumordnungen wider, welche im AP C_01 mitberücksichtigt und empirisch eingefangen werden können. Gleichzeitig liegen Schwerpunkte des AP auf Fragen nach Kooperation, Partizipation und Teilhabe im Kontext von Infrastrukturen und öffentlichen Gütern. So werden etwa Bürger:innengenossenschaften und andere gemeinwohlorientierte Infrastrukturen als Beispiele für kooperative und partizipative Formen von Infrastrukturen und öffentlichen Gütern im Rahmen des Regionalpanels untersucht – die AP C_03 und C_04 können hier anschließen. Schließlich fokussiert das Regionalpanel auch Facetten der sozialökologischen Transformation und Folgen des menschgemachten Klimawandels, indem systematisch grün-blaue Infrastrukturen sowie deren Wahrnehmung in den Blick genommen werden (C_05, C_06 sowie C_07). Auch hierfür liegen aus der ersten Förderphase respektive der 2. Erhebungswelle erste Daten zur Wahrnehmung der Bedrohung durch den Klimawandel vor, die u.a. für den Zusammenhaltsbericht 2025 analysiert werden.
Das AP dient somit erstens der Neuerhebung regionalisierter Daten und als Dateninfrastruktur für AP aus allen Schwerpunkten im Themenfeld C sowie für weitere Sekundäranalysen in anderen Themenfeldern (z.B. B_06) sowie der zentralen Berichterstattung. Ebenso werden die Daten auch Forscher:innen außerhalb des FGZ zur Verfügung gestellt. Es ist elementar für die AP der beteiligten Standorte Bielefeld, Göttingen, Halle und Hannover. Durch FGZ-interne Ausschreibungen für Fragebogenmodule trägt es überdies zur gemeinschaftlichen Forschung am FGZ bei. Darüber hinaus werden die Daten der einzelnen Erhebungswellen laufend der Wissenschaftscommunity zugänglich gemacht. Lokaler gesellschaftlicher Zusammenhalt wird dabei als Komposit aus Identifikation, Vertrauen und kollektiver Wirksamkeit operationalisiert. Eine erste empirische Identifikation von Raummustern gesellschaftlichen Zusammenhalts stammt bereits aus der 1. Welle. Die Wiederholungsmessungen und partiellen Erweiterungen des Erhebungsinstruments tragen damit zur methodischen Grundlagenforschung und Erweiterung der Dateninfrastruktur im FGZ sowie der des Themenfelds C bei.
Zweitens wird gesellschaftlicher Zusammenhalt sowohl innerhalb des Themenfelds als auch des AP nicht als Globalphänomen verstanden, sondern in seiner Ortsgebundenheit und regionalen Eigenlogik. Die Räume des Erstellens, Erlebens und Ermöglichens von Zusammenhalt werden relational konzipiert. Daher werden die Individualdaten des Regionalpanels mit raumbezogenen Kontextdaten angereichert. Neben sozialstatistischen Merkmalen (Demographie, Wanderung, Arbeitslosigkeit etc.) können so aktuelle gesellschaftliche und politische Entwicklungen mit Implikationen für räumliche Variationen des gesellschaftlichen Zusammenhalts berücksichtigt werden.
Als Panelstudie beobachtet das AP drittens zeitliche Veränderungen des von den Bewohner:innen erlebten und sozial hergestellten gesellschaftlichen Zusammenhalts in demokratischen Gesellschaften. Denn lokale Erfahrungen vor Ort des Zusammenhalts haben stets auch Auswirkungen auf den als gesamtgesellschaftlich wahrgenommen Zusammenhalt – und umgekehrt. Zum Ende der zweiten Förderphase wird ein Paneldatensatz mit vier Wellen (2021, 2023, 2025, 2028) vorliegen. Auch die Kontextdaten werden im Längsschnitt erfasst, um Interdependenzen zwischen Veränderungen der lokalen Verhältnisse und dem Antwortverhalten der Befragten zu untersuchen. Dies ist mit Blick auf inhaltliche Fragen des Regionalpanels z.B. zur sozialökologischen Transformation, von zentraler Bedeutung und greift die für das Themenfeld C bedeutsame Frage nach Veränderungen in den Wahrnehmungen von Infrastrukturen und öffentlichen Gütern im Zeitverlauf auf.
In der analytischen Anlage, dem methodischen Vorgehen sowie den vertretenen Disziplinen spiegelt das Regionalpanel schließlich auch das leitende Prisma des Themenfelds C wider: Wir verfolgen einen konsequent sozial-räumlichen Zugang zu gesellschaftlichem Zusammenhalt, untersuchen dabei mit individuellen Befragungsdaten aber auch Akteur:innen, die wir zugleich über die Einbeziehung lokaler, auch politischer Charakteristika in ihrer institutionellen Wirklichkeit abbilden. Die Daten eignen sich folglich auch dafür, Dynamiken des gesellschaftlichen Zusammenhalts anhand der, während der Förderphase anstehenden Wahlen auf verschiedenen Ebenen, allen voran den Bundestagswahlen 2025, zu analysieren und gesellschaftlichen Zusammenhalt als Explanans wie als Explanandum zu untersuchen.