A_02 Demokratievertrauen, Populismus und Wahlverhalten in Zeiten der Transformation
Standorte: | Leipzig |
Fachdisziplinen: | Psychologie , Soziologie , Kulturwissenschaften , Politikwissenschaft |
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Abstract
Die Krisen der letzten Jahre haben die Polarisierung verstärkt und das Vertrauen in die Problemlösungsfähigkeit der Demokratie geschwächt. Vor diesem Hintergrund untersucht das Arbeitspaket, welche Formen des gesellschaftlichen Zusammenhalts das Vertrauen in demokratische Institutionen fördern oder gefährden. Zudem analysiert es, wie soziale Bindungen und Krisenerfahrungen das Wahlverhalten und die Unterstützung demokratischer Prozesse beeinflussen.
Unsere Forschung geht davon aus, dass gesellschaftliche Krisen das demokratische Zusammenleben beeinträchtigen. Dies zeigen die Konflikte, die mit der Klimakrise, dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine aber auch mit Wirtschaftskrisen einhergehen. Diese Krisen bieten ideale Rahmenbedingungen für Polarisierung und Populismus. Sie untergraben das Vertrauen in politische Institutionen.
In solchen Kontexten gewinnen nichtdemokratische Formen des Zusammenhalts – etwa Nationalismus oder die Idee eines homogenen Volkes – an Bedeutung und destabilisieren die Demokratie. Antidemokratische Brückenideologien wie Antisemitismus, Antifeminismus oder Rassismus verstärken diesen Effekt.
Um die Bedeutung unterschiedlicher Formen von gesellschaftlichem Zusammenhalt für die Stabilität politischer Systeme zu analysieren, nutzen wir Umfragedaten. Diese ermöglichen Einblicke in die politische Unterstützung und das Wahlverhalten während Krisenzeiten. Dabei untersuchen wir, wie demokratische oder autokratische Vorstellungen von Zusammenhalt die Einstellungen der Bürger prägen. Der Schwerpunkt liegt auf Deutschland und wird durch einen europäischen Vergleich ergänzt.
Transferaktivitäten
Wir möchten unsere Erkenntnisse mit Ihnen teilen. Gemeinsam wollen wir diskutieren, wie man in Krisenzeiten den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördert und das Vertrauen in demokratische Prozesse stärkt. Zielgruppe unserer Ergebnisse sind die interessierte Öffentlichkeit, Politiker, Journalisten und zivilgesellschaftliche Organisationen.
⇦ A_01 - Demokratischer Zusammenhalt zwischen Inklusion und Exklusion …
⇨ A_03 - Polarisierung und politische Legitimität
Inhalte des Arbeitspakets
Ziel dieses Arbeitspakets (AP) ist es, analytisch-empirisch die Wirkung gesellschaftlichen Zusammenhalts auf das Vertrauen in die Institutionen einer pluralistischen und liberalen Demokratie unter Krisenbedingungen zu bestimmen.
Von besonderem Interesse ist für uns dabei die Frage, wie sich die Auswirkungen von demokratischem Zusammenhalt von denen anderer Formen des Zusammenhalts unterscheiden. Gibt es einen systematischen Zusammenhang zwischen Einstellungen, die wir mit demokratischem Zusammenhang assoziieren (beispielsweise Akzeptanz von Pluralität, Gleichheitsorientierung) und dem Vertrauen in politische Institutionen und Demokratie, prodemokratischen Einstellungen, politischem Verhalten und insbesondere Wahlverhalten?
Zu diesem Zweck untersucht das Vorhaben förderliche wie ablehnende Einstellungen gegenüber der repräsentativen Demokratie und gesellschaftlichen Gruppen. Es betrachtet auch entsprechende politische Verhaltensintentionen (Wahlverhalten) auf Basis standardisierter Umfragedaten mit dem Schwerpunkt auf Deutschland und unter Berücksichtigung ost- und westdeutscher Spezifika. Mit der Vermessung des demokratischen Zusammenhalts und der Analyse seiner Wirkungen auf politische Prozesse in Demokratien trägt es zu einer der zentralen Fragestellungen des Themenfelds bei.
Voraussetzung ist das im Themenfeld A formulierte Verständnis von demokratischem Zusammenhalt. Wir gehen von einer positiven Beziehung zwischen Demokratievertrauen und einem pluralistischen Verständnis von gesellschaftlichem Zusammenhalt aus, während ein homogenisierendes Verständnis von Zusammenhalt als negativ für eine Demokratie angesehen wird. Dabei berücksichtigen wir spezifische Einstellungen der Bürger gegenüber Gruppen in Zeiten der Transformation und verbreiteter Krisenwahrnehmungen (etwa in Bezug auf Klima, Migration, Geschlecht und Familie, Säkularisierung) und antidemokratische Brückenideologien (Rassismus, Antisemitismus, Antifeminismus). Wir gehend davon aus, dass Krisen ein homogenisierendes Verständnis von Zusammenhalt begünstigen und demokratischen Zusammenhalt gefährden. Die in Krisenzeiten anschwellende Verbreitung von Verschwörungsmythen und Betonung autoritärer Führung und Kollektivität können zusammen mit Brückenideologien Misstrauen fördern und demokratischen Zusammenhalt unterlaufen. Wie auf Krisen reagiert wird, beeinflusst das Vertrauen in politische Institutionen, speziell politische Institutionen im politischen Tagesgeschäft, z.B. das Parlament und Parteien, aber auch das Wahlverhalten, mit der Wahl rechtspopulistischer/rechtsextremer Parteien.
Konzeptionelle Grundlage des AP ist die politische Kulturforschung und das Konzept der politischen Unterstützung, die eine geteilte politische Gemeinschaftsvorstellung und grundlegende Anerkennung eines politischen Systems für dessen Stabilität voraussetzt, sowie ein neo-cleavage Ansatz, nach dem sich in den letzten Jahrzehnten eine neue Spaltungslinie anhand von Fragen der Transnationalisierung und Offenheit von Gesellschaften gebildet hat. Ziel des AP ist ein kontinuierliches Monitoring von Schlüsselindikatoren des gesellschaftlichen (insb. demokratischen) Zusammenhalts in seinen Beziehungen zu demokratischen Institutionen und politischem Verhalten, eine Ermittlung von Schlüsselfaktoren zur Förderung oder Schwächung eines demokratischen Zusammenhalts, wie auch eine einordnende international vergleichende Perspektive.
Principal Investigators
Prof. Dr. Oliver Decker
Prof. Dr. Holger Lengfeld
Prof. Dr. Gert Pickel
Projektmitarbeiter:innen
Laufzeit, Themen- und Forschungsfelder
Laufzeit:
06/2024-05/2029Publikationen
Praxispartner:innen
- Theater der Jungen Welt (Leipzig)
- The Pioneer Media
- Landeszentrale für politische Bildung Sachsen und Sachsen-Anhalt
- Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt