Intergruppenkonflikte und symbolische Grenzziehungspraktiken in digitalen sozialen Netzwerken
B_09 – Projekt des FGZ Konstanz
Das Arbeitspaket (AP) ist im Schwerpunkt 3 verortet, wo es sich mit der Darstellung von Intergruppenkonflikten und symbolischen Grenzziehungspraktiken in digitalen sozialen Netzwerken beschäftigt. Es schließt darüber hinaus an grundsätzliche Leitfragen des Themenfelds an, indem es die diskursive (De-)Legitimierung von Ungleichheit erforscht. Konkret widmet sich das AP dem Phänomen wahrgenommener Polarisierung in sozialen Medien aus medienkulturwissenschaftlicher und primär diskursanalytischer Perspektive. Im Unterschied zu Surveys und Gruppendiskussionen zu wahrgenommener Polarisierung legt das Vorhaben den Akzent nicht auf die Einstellungen von Befragten, sondern auf Anzeichen von Polarisierung im Diskurs. Im AP ist damit gemeint, dass in Schrift, Bild oder Ton Äußerungen sichtbar sind, die beim Publikum eine Interpretation von Gesellschaft als in verfeindete oder durch extreme Ungleichheit getrennte Gruppen wahrscheinlich macht. Für die Untersuchung von Polarisierung im Diskurs unterscheiden wir zwischen impliziten und expliziten Polarisierungsanzeichen. Explizite Anzeichen von Polarisierung im Diskurs setzen eine gesellschaftliche oder metakommunikative Reflexion voraus, wenn z.B. in Kommentaren explizit von sozialer Spaltung, extremer Ungleichheit, unversöhnbaren Intergruppen-Konflikten oder polarisierender Kommunikation gesprochen wird. Implizite Anzeichen sind z.B., wenn es in Social-Media-Kommentaren zu toxischen Gruppenmarkierungen, Stereotypisierungen oder der Demonstration von kommunikativer Nicht-Kooperation kommt. Wichtige Impulse kommen hier aus der Forschung zu affektiver Polarisierung, sowie aus Forschungen zu den polarisierenden Effekten von „Disagreement Exposure“ und inziviler Rede.
Das größere, aber nicht ausschließliche, Gewicht der Forschung im AP liegt auf den impliziten Anzeichen von Polarisierung im Diskurs. Dafür werden Diskurse über prägnante „Triggerthemen“ aus den Bereichen der Migrations-, Klima- und Sozialpolitik untersucht und insbesondere Videobasierte Inhalte und deren Kommentierung fokussiert. Die Erkenntnisse des AP tragen zum Verständnis der diskursiven Performanz und Sichtbarkeit von Gruppenkonflikten bei, die sich um gesellschaftliche Streitthemen herausbilden. Indem nachvollzogen wird, wie Triggerthemen und für sie zentrale Videoinhalte in verschiedene Netzwerke und „Gruppenöffentlichkeiten“ ausstrahlen und dort Grenzziehungsverfahren bedienen, trägt das AP zudem auch zum Interesse des Schwerpunkts 3 an der Segmentation von sozialen, hier themenbezogenen, Netzwerken bei.