A_07 Ökologische Transformation und antidemokratische Krisenmobilisierung
Standorte: | Jena |
Fachdisziplinen: | Soziologie , Politikwissenschaft |
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Abstract
Im Kontext der Klimakrise gewinnen demokratiefeindliche Positionen und extrem rechte Akteur:innen an Bedeutung und Macht. Welche Gefahren gehen davon für die sozial-ökologischen Transformation und den demokratischen Zusammenhalt aus?
Im Kontext der Klimakrise werden Veränderungen von Produktions-, Konsum- und Lebensweisen notwendig. Das kann Gefühle der Benachteiligung, große Unsicherheiten und Abwehrreaktionen hervorrufen.
Extrem rechte Akteur:innen nutzen diese Reaktionen, um gegen die Klimapolitik zu mobilisieren. Ihre populistischen Krisendeutungen und Politikangebote gewinnen in der Gesellschaft zunehmend an Bedeutung. Das erschwert nicht nur die Einigung auf und die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen. Es gefährdet auch den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Ihre Argumente und Strategien finden besonders in Regionen Gehör, die von tiefgreifenden Strukturumbrüchen betroffen sind. Dort zeigt sich der Widerstand häufig in Protesten gegen Klimaschutzmaßnahmen.
Das Arbeitspaket erforscht Argumentationsmuster, Akteur:innen und Protestformen gegen Klimaschutzmaßnahmen und die Folgen für Politik und Gesellschaft. Damit greift es die Leitfrage des Themenfelds auf: Wie bedrohen bestimmte Formen politischer Partizipation und Polarisierung den gesellschaftlichen Zusammenhalt?
Zur Beantwortung werden Protestereignisse beobachtet und ihre mediale (Selbst-)Darstellungen analysiert. Zudem werten die Forschenden Social Media Daten aus und führen Interviews mit Akteur:innen aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Das Arbeitspaket legt einen regionalen Schwerpunkt auf Mitteldeutschland und das Bundesland Thüringen, das vom Strukturwandel stark betroffen ist.
Transferaktivitäten
Das Arbeitspaket ist transferorientiert. Es integriert Impulse aus Zivilgesellschaft, Politik und Medien und fördert den intensiven Austausch. Ziel ist es, gemeinsam Handlungsstrategien zu entwickeln. Zudem stehen die Forschenden für Interviews, Hintergrundgespräche, Veranstaltungen und Bildungsangebote zur Verfügung.
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In dem Arbeitspaket (AP) wird vergleichend untersucht, wie die Umgestaltung von Produktionsweisen, der Ausbau erneuerbarer Energien und die Regulierung von Lebens- und Konsumweisen für die antidemokratische Protestmobilisierung gegen Klimaschutzpolitik und die sozial-ökologische Transformation genutzt werden. Grundlegend ist die Forschungsthese, dass demokratiefeindliche Positionen und antidemokratische, extrem rechte Akteur:innen im Kontext der Klimakrise und der sozial-ökologischen Transformation an Deutungs- und Gestaltungsmacht gewinnen.
Wie erforschen, inwieweit dadurch nicht nur der Transformationsprozess, sondern vor allem der demokratische Zusammenhalt gefährdet wird, indem eine Entfremdung der Bevölkerung von demokratischen Institutionen und Werten befördert und die Stabilität des demokratischen Systems beeinträchtigt werden.
Angesichts kollektiv verbreiteter Entsicherungsgefühle, negativer Beurteilungen von Transformationsprozessen und als krisenhaft empfundener gesellschaftlicher Entwicklungen unterbreiten antidemokratische, extrem rechte Akteur:innen radikale, gegen eine ökologische Gesellschaftstransformation gerichtete, populistische Krisendeutungs- und Politikangebote. Dadurch droht die Aushandlung eines gesellschaftlichen Konsenses für wirkungsvollen Klimaschutz erschwert oder gar gänzlich verunmöglicht zu werden. Gerade in Regionen, die durch Strukturumbrüche stark betroffen sind, kann sich unseren Annahmen nach die Deutungs- und Gestaltungsmacht antidemokratischer Akteure in den nächsten Jahren erfolgreicher Protestmobilisierung widerspiegeln.
Im AP werden einerseits die Argumentationsmuster, Agitationsformen und Akteur:innen-Netzwerke von regionalen und überregionalen Protesten gegen Klimaschutzpolitik und andererseits die Folgen dieser Mobilisierung für den demokratischen Zusammenhalt analysiert. Ziel ist der Erkenntnisgewinn darüber, ob und wie im Kontext des Widerstands gegen politische Maßnahmen und Institutionen (voice) weitere Bevölkerungsgruppen von demokratischen Normen und Prinzipien abrücken (exit) und somit das Fundament demokratischen Zusammenhalts zunehmend erodiert. Diesbezüglich fragen wir nach zwei Prozessen:
- 1) der Übernahme antidemokratischer, extrem rechter Ideologeme und Handlungspraktiken durch Akteur:innen jenseits des rechtsextremen Spektrums und
- 2) der Entstehung neuer, milieuübergreifender Kooperationen und Akteurskonstellationen.
Zugleich werden auch die Auswirkungen antidemokratischer Protestmobilisierung und Ideologiedissemination für Klimaschutz(-politik), politische Handlungsspielräume und zivilgesellschaftliches Engagement untersucht, z.B. inwieweit Kooperationen oder Personalunionen zwischen lokalen Anti-Windkraft-Initiativen, örtlichen Wählergemeinschaften und antidemokratischen, populistischen Akteur:innen das Abstimmungsverhalten in Kommunalparlamenten, das öffentliche Meinungsklima gegenüber Klimaschutz und die kollektive Willensbildung vor Ort beeinflussen. Auch Anfeindungen und Angriffe gegen Klimaschutzaktivist:innen werden dabei in den Blick genommen. Somit nehmen wir neben Einstellungen auch Handlungen (Protestformen z.B. Demonstration, Kundgebung, Streik, Bedrohung, Gewalt etc.) und Beziehungen (Bürgerinitiativen, Protestbündnisse und andere formelle und informelle Kooperationen) als weitere Dimensionen des Zusammenhalts in den Blick.
Principal Investigators
Dr. Axel Salheiser
Projektmitarbeiter:innen
Laufzeit, Themen- und Forschungsfelder
Laufzeit:
06/2024 – 05/2029
Publikationen
Praxispartner:innen
- European Climate Foundation
- Klimafakten.de
- Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK)
- Naturfreunde e.V.
- Friedrich-Schiller-Universität Jena
- Landeszentrale politische Bildung Thüringen
- Bundeszentrale politische Bildung (Standort Gera)
- BMBF-Wissensnetzwerk Rechtsextremismusforschung
- Kompetenznetzwerk Rechtsextremismus
- RENN.mitte – Regionale Netzstellen Nachhaltigkeitsstrategien (Thüringen)

