»Fürsorge, Nachbarschaftshilfe, Stalking – eine Interpretationssache?« – Zusammenhalt und Antifeminismus am Fallbeispiel Erzgebirge
Abstract
Das Projekt »Geschlechterdemokratie im Erzgebirge« nähert sich den gesellschaftlichen Konfliktlinien des Sozialraumes durch eine psychoanalytisch orientierte Auswertung von Gruppendiskussionen. Im vorliegenden Artikel widmen wir uns den darin ausgeworfenen Vorstellungen von Zusammenhalt mit einer geschlechtsreflektierten Perspektive und fragen nach dem Zusammenhang dieser Vorstellungen mit Antifeminismus. Es ist dabei zu beobachten, dass sich in den Gruppendiskussionen häufig und positiv auf Zusammenhalt und Verbundenheit bezogen wird, diese Gemeinschaftsvorstellungen jedoch durch Exklusionsdynamiken wie starke Grenzziehungen zwischen Zugehörig und Nicht-Zugehörig sowie externalisierende Projektion gesellschaftlicher Probleme auf Randgruppen oder großstädtische Lebenswelten begleitet werden. Die Starrheit der Zuschreibungen einer erzgebirgischen Identität sowie die kontrollierende Rolle von Familienstrukturen und nachbarschaftlicher Zuwendungen verhindern pluralistische Entfaltungsmöglichkeiten und erschweren politisches Engagement und die Inanspruchnahme wichtiger Institutionen, wie Einrichtungen des Gewaltschutzes. Das Austreten aus der als homogen beschriebenen Gemeinschaft beispielsweise durch demokratisches politisches Engagement kann zum Ausschluss aus selbiger führen. In der Dynamik des repressiven Zusammenhalts finden sich Fragmente antifeministischer Ideologien und somit ein Nährboden für antidemokratische Mobilisierungen.
Quellen
Rodemerk, Henriette, Tabea Falk, Charlotte Höcker, Johanna Niendorf und Oliver Decker. 2024. »Fürsorge, Nachbarschaftshilfe, Stalking – eine Interpretationssache?« – Zusammenhalt und Antifeminismus am Fallbeispiel Erzgebirge. In: Varianzen des Zusammenhalts Historisch und transregional vergleichende Perspektiven, hg. von Matthias Middell, 367–392. 1. Auflage. Gesellschaftlicher Zusammenhalt 3. Frankfurt: Campus.