75 Jahre Grundgesetz und Asylrecht: Zurück in die Zukunft
Tagung
Westliche Länder diskutieren wieder einmal kontrovers über das Asylrecht. Viele sehen Reformbedarf von der Verwaltungspraxis bis hin zur Gesetzgebung. In Deutschland beliebt sind der Verweis auf die „europäische Lösung“ oder, neuerdings, die Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten. Gemeinsam betonen alle Reformbemühungen, auf das individuelle Asylrecht bzw. die Genfer Flüchtlingskonvention aufzubauen, die gleichsam als juristische Fixsterne die Gesetzgebung und Verwaltungspraxis anleiten. International wird die Flüchtlingskonvention häufig als „magna carta“ bezeichnet, was eine zeitlose Vorgabe nahelegt. Das Migrationspolitische Forum (MPF) am 75. Jahrestag des Grundgesetzes akzentuiert diese Langzeitperspektive mit dem Ziel, durch einen Blick zurück unsere Gegenwart besser zu verstehen und Entwicklungslinien für die Zukunft aufzuzeigen, die sich aus dem Wechselspiel von Grundgesetz, GFK und Menschenrechten ergeben. Wir sind dankbar, dass prominente Referent/innen ihre Zusage erteilten. Der Blick in die Nachkriegszeit anerkennt im ersten Panel die historische Leistung
des Grundgesetzes und der Flüchtlingskonvention und zeigt zugleich, wie relativ die damaligen Festlegungen im Lichte der späteren Praxis waren. Von Anfang an privilegierten das deutsche Asylrecht und das internationale Flüchtlingsrecht bestimmte Gruppen gegenüber anderen; auch die dynamische Entwicklung der Rechtsprechung zu den Menschenrechten in den folgenden Jahrzehnten war keineswegs vorgezeichnet. Das zweite Panel verortet auf dieser Grundlage die Gegenwart und Zukunft der europäischen Menschenrechtsjudikatur, die für die juristische Praxis längst das Grundgesetz ablöste und vielfach wichtiger ist als die GFK. Die zentralen Vorgaben entstammen den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschen rechte (EGMR), an denen sich auch der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH ) orientiert. Das Ziel lautet, konkrete Einzelfragen mit grundsätzlichen Erwägungen zu verbinden, wie die Dynamik der letzten drei Jahrzehnte zu bewerten ist und die Zukunft aussehen könnte. Damit liefert das MPF den Reformdebatten der Gegenwart und Zukunft eine gedankliche Orientierung.
Programm
12.45 Uhr „Get-together“
mit Kaffee und anderen Getränken
13.15 Uhr Begrüßung
Landesvertretung Baden-Württemberg
Prof. Dr. Daniel Thym, Universität Konstanz
Grundgesetz und GFK: „magna carta“ oder „nicht mehr zeitgemäß“?
13.25 Uhr Asylrecht im Parlamentarischen Rat: Masterplan oder abstrakte Zielvorgabe?
Dr. Michael Hoppe, Verwaltungsgerichtshof Mannheim
13.40 Uhr Diskurse und Praktiken über Asyl von 1949 bis 1990
PD Dr. Maria Alexopoulou, Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin
13.55 Uhr Die Genfer Flüchtlingskonvention und die Politisierung des Flüchtlingsschutzes
Dr. Oliviero Angeli, Mercator Forum Demokratie und Menschenrechte (MIDEM) an der TU Dresden
14.10 Uhr Diskussion
Moderation: Prof. Dr. Daniel Thym, Universität Konstanz
Dynamische Auslegung – in welche Richtung?
15.15 Uhr Dynamik, Stillstand und Rückschritt in der EGMR-Rechtsprechung
Dr. Dana Schmalz, Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht
15.25 Uhr Von Amerika lernen? Entwicklungspfade der Rechtsprechung zum europäischen Grenzregime
Prof. Dr. Daniel Thym, Universität Konstanz
15.35 Uhr Reaktion des EGMR auf Änderungsdruck seitens Migrantenverbänden und politischen Akteuren
Associate Prof. Dr. Janna Wessels, Universität Amsterdam
15.45 Uhr Diskussion
Moderation: Prof. Dr. Kay Hailbronner, Universität Konstanz
Die Teilnahme ist kostenlos. Es wird um vorherige Anmeldung unter office.thym@uni.kn gebeten. Auswärtigen Gästen wird nach Anmeldung die Möglichkeit geboten, online an der Diskussion teilzunehmen.