BRE_F_04 Proteste und gesellschaftlicher Zusammenhalt: Lokale Konfliktdynamiken im Vergleich

Zielsetzung / Fragestellung

Proteste sind eine Form politischer Partizipation, die sich spätestens seit den 1980er Jahren in der Bundesrepublik Deutschland etabliert hat. Sie sind zugleich Ausdruck gesellschaftlicher Konflikte als auch Zeichen gelebter Demokratie. Auch wenn Proteste inzwischen zum politischen Alltag westlicher demokratischer Gesellschaften zählen, eignen sich aber nicht alle Themen für erfolgreiche Protestmobilisierungen und nicht alle Bevölkerungsgruppen greifen in gleichem Maße auf das Mittel des Protests zurück. Wir gehen daher im Projekt der Frage nach, welche Themen in Protesten in den letzten Jahren verstärkt aufgegriffen worden sind, welche Form diese Proteste aufweisen und wie sie sich auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt auswirken. Der Fokus liegt dabei sowohl auf der Erfassung verschiedener Protestaktivitäten in ihrer ganzen Breite als auch auf der tiefergehenden Analyse der Interaktionsbeziehungen zwischen Protest- und anderen gesellschaftlichen Akteur*innen auf lokaler Ebene.

Vor diesem Hintergrund untersucht die Studie in der ersten Förderphase in vier vergleichenden Fallstudien die Struktur, Entwicklung und Interaktion von Protesten. Auf nationaler sowie, tiefergehender, auf lokaler Ebene wird erhoben, wie viele Personen zu welchen Themen in den letzten 20 Jahren in Deutschland protestiert haben. Ziel der Analyse ist es, zu erheben und zu erklären, wie und warum sich Protestdynamiken an verschiedenen Standorten gleichen oder unterscheiden und wie sie durch nationale Protestereignisse in unterschiedlicher Form geprägt wurden. Auf lokaler Ebene wird zudem vergleichend untersucht, wie sich die Proteste auf unterschiedliche Aspekte gesellschaftlichen Zusammenhalts vor Ort auswirken.

In der zweiten Förderphase soll die erst einmal auf die Protestdynamiken in Deutschland fokussierte Untersuchung international vergleichend erweitert werden. An die Stelle des Ost-West-Vergleichs in Deutschland tritt dann eine vergleichende Untersuchung von Protestdynamiken in einem ost- und einem westeuropäischen Land. Ziel dieses nationalen und internationalen Ost-West-Vergleichs ist es, zu untersuchen, inwieweit langfristige, historische politische Prozesse lokale Protestdynamiken beeinflussen und damit die Bedingungen gesellschaftlichen Zusammenhalts nachhaltig strukturieren. Dieser internationale Vergleich wird gegen Ende der ersten Phase unter anderem durch einen internationalen Workshop vorbereitet.

 

Thematischer Bezug zu gesellschaftlichem Zusammenhalt

Gesellschaftlicher Zusammenhalt in demokratischen Gesellschaften hängt zentral davon ab, wie Interessen unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen Gehör und Eingang finden können in öffentliche Debatten und politischen Entscheidungen. Konflikte können gesellschaftlichen Zusammenhalt sowohl gefährden als auch stärken. Dies gilt auch für Proteste, eine prominente Form, in der gesellschaftliche Konflikte offen zu Tage treten. Proteste können sowohl als Indikatoren gesellschaftlicher Spaltung verstanden werden, sie bieten aber auch die Möglichkeit gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken, indem sie Konflikte artikulieren und damit sichtbar und bearbeitbar machen. Hier kommt es insbesondere darauf an, welche Themen in welcher Weise bearbeitet werden und in welcher Weise sich die Austauschbeziehungen zwischen Protestakteur*innen und anderen gesellschaftlichen Akteur*innen aus Politik und Zivilgesellschaft gestalten.

Beide Aspekte werden im Projekt mit Hilfe einer bundesweiten und vier lokal fokussierten Protestereignisanalysen sowie vier lokalen Netzwerkanalysen untersucht. Damit leistet die Studie einen Beitrag zum Verständnis des Beitrags von Protesten auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt vor Ort.

Principal Investigators

Projektmitarbeiter:innen

Laufzeit, Cluster und Forschungsfelder

Laufzeit:

06 / 2020 – 05 / 2024

Cluster und Forschungsfelder:

Cluster 1: Theorien, Politiken und Kulturen des Zusammenhalts
C1: Demokratie und Öffentlichkeit
Cluster 2: Strukturen, Räume und Milieus des Zusammenhalts
C2: Raum und Region

Publikationen

Question-Order Effect in the Study of Satisfaction with Democracy: Lessons from Three Split-Ballot Experiments

Radical right and anti-vax protests between movements and parties: a comparative study

Hintergründe und Dynamiken erfolgreicher Mobilisierung: Fridays for Future aus Sicht der Bewegungsforschung

Spuren des Protests in Bremen

Party system transformation from below: protests by Jobbik and LMP

Verdrängung oder Mobilisierung? Eine vergleichende Analyse zur Auswirkung der Protestbewegungen Pegida, Legida und Stuttgart 21 auf urbane Protestaktivitäten

“Stoppt Die Kriege - Abrüstung Und Deeskalation Jetzt!” Eine Befragung Des Ostermarschs in Bielefeld 2022

Publicize or Perish—Challenger party success through megaphones and locomotives

Grenzen von Protest: Auswertungen von G20-Demonstrationsbefragungen

Protest als Ausdruck politischer Unzufriedenheit? Krisenerzählungen und ihre fragwürdige empirische Relevanz

Der Teufelskreis des elektoralen Protests: Repression und Institutionalisierung in Russland und Belarus

Protestnetzwerke

The politics of alliances. The making and breaking of social movement coalitions. Introduction to the special issue

Bedrohte Artenvielfalt: Potenzial und Gefährdung der Protestforschung in Russland

Taking to the Streets in Germany – Disenchanted and Confident Critics in Mass Demonstrations

Protestthemen im Wandel der Zeit

Fridays for Future – Die Jugend gegen den Klimawandel. Konturen der weltweiten Protestbewegung

Wer demonstriert da?: Ergebnisse von Befragungen bei Großprotesten von Fridays for Future in Deutschland im März und November 2019

Fridays for Future: Eine Erfolgsgeschichte vor neuen Herausforderungen

FGZ-interne Kooperationspartner:innen

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