Populismus als gruppenbasierte Kontrolle: Eine psychologische Perspektive
Abstract
Gesellschaftliche Krisen gelten als wegbereitende Bedingungen populistischer Bewegungen und dadurch ausgelöster gesellschaftlicher Spaltungen und Ausschlüsse. Häufig wird angenommen, dass persönliches Bedrohungserleben die Empfänglichkeit für populistische Positionen erhöht. Aus Perspektive der empirisch-experimentellen sozialpsychologischen Forschung untersuchen wir diese Effekte und ihre psychologisch-motivationalen Grundlagen. Wir argumentieren dafür, populistisches Denken und die Attraktivität populistischer Bewegungen als Ausdruck des menschlichen Bedürfnisses nach Kontrolle und Handlungsfähigkeit zu verstehen. Populistische Programme konstruieren eine (scheinbar) hoch inklusive soziale Gruppe (»das Volk«) als handlungsfähige Entität. Die Mitgliedschaft in solchen Gruppen und das Handeln als Gruppenmitglied helfen Menschen, ihre subjektive Handlungsfähigkeit aufrechtzuerhalten oder – nach Bedrohung persönlicher Kontrollwahrnehmungen – wiederherzustellen. So erklärt sich, weshalb populistisches Denken gerade in Krisenzeiten für Menschen attraktiver wird. Wir führen zunächst in die psychologische Populismusforschung sowie die Arbeiten zu ethnozentrischen Bedrohungsreaktionen ein, bevor wir auf Grundlage der Theorie gruppenbasierter Kontrolle für die kontrollerhaltende Funktion populistischer Einstellungen und populistisch definierter Gruppenzugehörigkeit argumentieren. Abschließend diskutieren wir Implikationen für die Auseinandersetzung mit antidemokratischem Populismus.
Quellen
Fritsche, Immo, Annedore Hoppe, Helena Pauen und Tabea Falk. 2024. Populismus als gruppenbasierte Kontrolle: Eine psychologische Perspektive. In: Die Grenzen des Zusammenhalts: Wie Inklusion und Exklusion zusammenhängen, hg. von Axel Salheiser, Maria Alexopoulou, Christian Meier zu Verl und Alexander Yendell, 41–60. 1. Auflage. Gesellschaftlicher Zusammenhalt 4. Frankfurt: Campus, 2024