Soziale Infrastrukturen im Nexus Nachbarschaft – zur Perzeption und Praxis von gesellschaftlichem Zusammenhalt im urbanen Raum

Das Arbeitspaket (AP) untersucht, wie soziale Infrastrukturen den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Nachbarschaften beeinflussen und welche Wirkung hier divergente staatliche bzw. kommunale Vorgaben zur Infrastrukturversorgung auf den Zusammenhalt vor Ort haben. Anhand eines internationalen Vergleichs der Stadt Hannover mit dem Stadtstaat Singapur wird analysiert, wie Zusammenhaltspolitik auf unterschiedlichen Ebenen betrieben und umgesetzt wird und dabei soziokulturell im Wahrnehmen und Handeln verschiedener Akteur:innen eingebettet ist. Hier werden die unterschiedlichen Reaktionen (exit, voice oder loyalty) auf die Zusammenhaltspolitiken ins Zentrum gerückt. Zudem fragen wir, ob eine staatlich geplante und top-down implementierte Bereitstellung sozialer Infrastrukturen einen anderen Zusammenhalt erzeugt als soziale Infrastrukturen, die in demokratischen Aushandlungsprozessen zwischen staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteur:innen entstanden sind. Das AP greift die Leitfrage des Themenfelds nach den bindenden und trennenden Effekten von öffentlichen Gütern und Infrastrukturen auf und adressiert sie ausgehend von unterschiedlichen politischen Modi der Bereitstellung. 

Die zentralen Konzepte des AP sind Nachbarschaften als lokale Formen von Zusammenhalt und soziale Infrastrukturen als das Mittel, durch das nachbarschaftlicher Zusammenhalt entsteht. Nachbarschaften, verstanden als Bezugspunkt vor Ort, fördern damit auch den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt und machen ihn erfahrbar. 

Das international vieldiskutierte Konzept der sozialen Infrastruktur verbindet den physischen Ort mit der sozialen Organisation und lokalen Ordnung, die wechselseitig den Modus prägen, wie Menschen interagieren und zusammen­leben. Die „Mechanismen“ dieser Wechselbeziehung werden über das Regionalpanel und Fallstudien vertiefend untersucht – quantitativ durch Einbeziehung verschiedenartiger Raumtypen, die regionale Varianzen in Deutschland aufzeigen und qualitativ über den in diesem AP angelegten Vergleich von urbanen Nachbarschaften in den differierenden politisch-kulturellen Systemen von Hannover und Singapur. 

Soziale Infrastrukturen offerieren Integrationsoptionen, die die Entwicklung von sozialem Kapital und sozialem Zusammenhalt ermöglichen. Um zu verhindern, dass Infrastrukturen im Zuge veränderter Anforderungen und Ansprüche exklusiv werden, sind Aushandlungen entscheidend für ihre Gestaltung und Nutzung im Raum (HAN_F_02). 

Das AP untersucht zudem, wie sich die kohäsiven Effekte von diesen Infrastrukturen unterscheiden, je nachdem, ob sie durch Beteiligung der Zivilgesellschaft oder durch staatliche Setzung entstanden sind und reguliert werden. Ist in partizipativeren Kontexten eher ein demokratischer Zusammenhalt zu erwarten, der die Regeln des Zusammenlebens immer wieder reflexiv in Frage stellt, während die staatlich orchestrierte Zusammenhaltspolitik eher konventionelle Formen des Zusammenhalts erwarten lässt? Diese Analyse wird durch den Vergleich zwischen sozialen Infrastrukturen in Hannover und dem Stadtstaat Singapur ermöglicht, der seit den 1960er Jahren mittels community centres eine aktive, top-down Zusammenhaltspolitik verfolgt. Das Arbeitspakt ist durch diese Perspektive auf Zusammenhaltspolitiken eng mit Schwerpunkt A verknüpft.