Wie beeinflussen struktureller und individueller Rassismus Behördenentscheidungen und wie können Behördenleitungen darauf reagieren?
INRA_C05 – Halle
Zielsetzung/Fragestellung
Untersuchungsgegenstand des Teilprojekts sind Entscheidungsprozesse und die Verwaltungskultur in Arbeits-, Ausländer- und Sozialbehörden in ausgewählten Bundesländern. Viele Entscheidungen in diesen Behördentypen betreffen Leistungen oder Gewährungen, auf die Antragsteller:innen existenziell angewiesen sind. Zugleich sind die zugrundeliegenden Rechtsnormen von Ermessensspielräumen geprägt, sodass den Mitarbeitenden der öffentlichen Verwaltung bei der Ausübung ihrer Tätigkeit besondere Verantwortung zukommt. Wenn Bürger:innen im Kontakt mit Behörden rassistische Diskriminierung erfahren, kann dies nachhaltig das Vertrauen der Betroffenen, aber auch das von nicht betroffenen Bürger:innen in den Staat erschüttern. Umgekehrt können Erfahrungen der Fairness und des Respekts einen entsprechend positiven Eindruck vermitteln.
Individuell oder institutionell?
Das Teilprojekt geht der Frage nach, ob und inwiefern Entscheidungsprozesse durch individuelle Einstellungen und institutionelle Rahmenbedingungen beeinflusst werden. Mithilfe leitfadengestützter Expert:inneninterviews wird untersucht, inwieweit rassistisches Wissen und entsprechende Praktiken von den Entscheidungsträger:innen aus ihrer eigenen „Lebenswelt“ mitgebacht, in Strukturen und Behördenkulturen vorgefunden oder neu erzeugt werden.
Auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse werden die konkreten Bedarfe an Gegensteuerungs- und Reaktionsmechanismen auf rassistische Verhaltensformen und Behördenkulturen ermittelt. Bereits bestehende innerbehördliche Steuerungs- und Kontrollstrukturen sind auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen und bei Bedarf weiterzuentwickeln. Daneben ist es Ziel, Ansatzpunkte für ein differenziertes Verfahren zu erarbeiten, mit dem Behörden ihre Strukturen und Abläufe auf Schwachstellen in Bezug auf den Schutz vor rassistischer Diskriminierung überprüfen können. Dafür werden nationale wie internationale Rechtsgrundlagen analysiert, um die Entwicklung und Etablierung entsprechender Instrumentarien rechtlich zu fundieren. Neben rechtlichen Erwägungen werden Perspektiven aus der Praxis – sowohl von zivilgesellschaftlichen Akteur:innen als auch von Behördenvertreter:innen – einbezogen.
Vortragsreihe im Sommersemester 2022
Anlässlich des Projektstarts und zur Förderung der Fähigkeit zur kritischen Reflexion angehender Jurist:innen veranstaltete der Lehrstuhl für Öffentliches Recht von Prof. Dr. Winfried Kluth im Sommersemester 2022 eine Vortragsreihe zur Auseinandersetzung mit Antisemitismus und Rassismus in der juristischen Ausbildung. Dabei wurden Perspektiven aus Wissenschaft und Praxis zu Rassismen und deren struktureller und vielschichtiger Verankerung in Alltag und Sprache sowie im Recht und der juristischen Ausbildung beleuchtet. Die aufgezeichneten Beiträge können Sie hier nachschauen.
Prof. Dr. Winfried Kluth
Projektmitarbeiter:innen
Cosima Piehler
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01 / 2022 – 12 / 2024:
- InRa-Studie „Institutionen & Rassismus"
- InRa C: Rassismusbekämpfung und interinstitutionelle und internationale Lernprozesse