Vom 05. – 07. Juli 2021 findet die erste Summer School des vor rund einem Jahr gegründeten Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) statt. Ihr Thema: Gesellschaftlicher Zusammenhalt in Krisenzeiten. Die künftig jeden Sommer stattfindende Veranstaltung ist Bestandteil der Karriereentwicklung des Forschungsinstituts. Hierzu und zur aktuellen Debatte #IchbinHanna haben wir Alexander Yendell befragt. Er ist Vertreter der wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen des FGZ.
Herr Yendell, warum dieses Thema für die erste Summer School und welchen Benefit bietet die diesjährige Ausgabe ihren Teilnehmer*innen?
Das Thema ist aufgrund der Corona-Pandemie aktuell und Krisen wird es auch zukünftig geben. Krisen können zur Spaltung von Gesellschaften beitragen, aber auch umgekehrt zu mehr Solidarität und Hilfsbereitschaft. Der Einfluss von Krisen auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Dynamiken von Krisen und deren Bewältigung sind zentrale Themen für das FGZ, dem sich auch viele Doktorand*innen und Postdocs widmen. Die Summer School ist daher eine Möglichkeit, sich zu diesem Themenschwerpunkt auszutauschen und sich darüber hinaus zu vernetzen.
Wem steht die Karriereentwicklung des FGZ offen und welche Voraussetzungen sollten die Kandidat*innen mitbringen?
Das Karriereentwicklungsprogramm ist für alle Doktorand*innen und Postdocs im FGZ offen. Es gibt keine offiziellen Voraussetzungen, außer dass die Kandidat*innen FGZ-Mitglied sind und an ihrer Weiterqualifizierung arbeiten. Wir wünschen uns für die gemeinsamen Veranstaltungen von den Doktorand*innen und Postdocs, dass sie zu einer freundlichen und konstruktiven Diskussionskultur beitragen.
Welche konkreten Veranstaltungen und Formate laufen bereits?
Erfreulicherweise gibt es ein umfangreiches und breites Angebot. In diesem Jahr gab es u. a. bereits eine erfolgreiche Winterklausur und einen Workshop zu akademischen Präsentationen. Darüber hinaus organisieren die Vertreter*innen der wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen, also Jessica Nuske und ich, im Vorfeld zu den Sitzungen des Institutsrats Online-Meetings mit den wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen, in denen ihre Belange besprochen werden. Zudem biete ich den wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen an, dass sie mit mir bei Problemen rund um die Organisation ihrer Weiterqualifizierung ein vertrauliches Gespräch führen können. Das wurde bereits genutzt, ich würde mich aber freuen, wenn dieses Angebot noch mehr genutzt wird.
Wie sehen die Pläne für die Zukunft aus?
Neben der Summer School findet in diesem Jahr noch ein Science Café mit Vertreter*innen aus Think Tanks, Politikberatung und Transferorganisationen und ein Medientraining statt. Darüber hinaus läuft zurzeit eine Umfrage unter den wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen, in der wir nach weiterem Bedarf in Bezug auf die Karriereplanung und die Arbeits- und Betreuungssituation fragen. Die Ergebnisse dieser Umfrage, werden Jessica Nuske und ich dem Institutsrat im Spätsommer/Herbst präsentieren. 2022 findet wieder eine Winterklausur statt und es soll Workshops zu Digitalen Tools für Wissenschaftler*innen geben, um deren Medienkompetenz zu steigern. Außerdem ist ein Workshop geplant, in dem man Fähigkeiten zum Wissenstransfer erlernt. Das ist eine ganze Menge und wir sind überzeugt, dass es den Wissenschaftler*innen karrieretechnisch viel bringt.
Wie ist die Karriereentwicklung am FGZ organisiert?
Martina Keilbach ist für die akademische Karriereentwicklung hauptverantwortlich. Sie spricht das Karriereentwicklungsprogramm mit Jessica Nuske und mir ab. Auch die wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen haben Einfluss auf die Planung, denn wir fragen sie mittels eines standardisierten Befragungsinstrumentes nach ihren Wünschen. Die Planung des Programms orientiert sich also stark an den Bedürfnissen derjenigen, die davon profitieren. Die langjährige Erfahrung von Martina Keilbach mit Promotionsprogrammen, meine Erfahrung als Forschender und Habilitand sowie Jessica Nuskes aktuelle Erfahrungen als Doktorandin helfen, das Programm bedarfsgerecht zu gestalten.
Aus aktuellem Anlass: Seit kurzer Zeit machen junge Forscher auf Twitter unter #IchbinHanna ihrem Unmut Luft. Ruinieren die in Deutschland praktizierten Zeitverträge unsere Wissenschaft?
Ja, die vielen Befristungen und der ständige Austausch von Personal tragen eben nicht zur Innovationsstärke der deutschen Wissenschaft bei, denn durch den ständigen Brain-Drain durch die Zwölfjahresregel wechseln hoch qualifizierte Forschende ins Ausland oder fallen ganz aus dem System. Es müssen ständig neue Wissenschaftler*innen eingearbeitet werden, von denen ein großer Anteil sich aufgrund der enormen Belastung durch Projektarbeit und Lehre nicht unbedingt weiterqualifiziert. In Deutschland ist man viel zu lange Nachwuchswissenschaftler*in und oftmals entscheidet es sich erst mit Mitte Vierzig oder sogar später, ob man in der Wissenschaft bleibt oder nicht. Das Damoklesschwert in Form des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge in der Wissenschaft ruiniert nicht nur die Wissenschaft, sondern vor allem die Wissenschaftler*innen, die ihre Karriere und ihr Leben nicht planen können. Die #IchbinHanna-Bewegung fordert Entfristungen auch neben der Professur. Es geht dabei nicht darum alle zu entfristen, sondern vor allem die Postdocs, die sich bereits weiterqualifiziert haben.
Wie könnte das Ihrer Meinung nach gehen?
Dass zeigen andere Wissenschaftssysteme wie in Skandinavien oder im angelsächsischen Raum. In Großbritannien beispielsweise gibt es kein Sonderbefristungsgesetz. Nach zwei Verträgen müssen Postdcos entfristet werden. Zudem gibt es dort mehr Personalkategorien als hierzulande. Die Einstiegsposition ist der lecturer oder researcher und man kann sich dort über Zwischenstufen wie senior lecturer, senior researcher und reader zum Professor befördern lassen. Durch die Aufstiegsmöglichkeiten können immer wieder Nachwuchswissenschaftler*innen einsteigen. Das könnten wir hierzulande auch so machen, zumal wir in Deutschland mehr finanzielle Mittel zur Verfügung haben. Entfristet werden könnten auch Drittmittelbeschäftigte über sogenanntes Cash Pooling. Immer wenn die Stelle nicht aus Drittmitteln finanziert werden kann, springt die Uni mit zuvor angespartem Geld ein.
Vielen Dank für das Gespräch!
Interview: Wiebke Wehling