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Die Genese populistischer Dispositionen in Jugendmilieus

BIE_F_07 – Bielefeld

Zielsetzung / Fragestellung

Die Relevanz einer der auf die Ausbildung von Identität und Zugehörigkeit zielenden Untersuchung ergibt sich aus aktuellen Fragen des Zusammenlebens in einer heterogenen deutschen Gesellschaft, in der die Stabilisierung des gesellschaftlichen Zusammenhalts auch davon abhängt, ob sie von einer neuen Generation mit angemessener Intensität unterstützt und gelebt werden kann. Die Studie wird Daten über die Dispositionen der Zielgruppe der nachwachsenden Generation liefern, die in naher Zukunft Demokratie und Pluralität leben wird. Die Studie geht davon aus, dass Diskriminierungs- und Abwertungspraktiken von den Subjekten beständig legitimiert werden müssen und sie ihren Sinn erst im Zusammenspiel mit Alltagspraktiken und Alltagsdeutungen erhalten. Die Studie wendet daher den Blick auf Dispositionen und Praktiken der Ausgrenzung in spezifischen sozialen Kontexten. Die Untersuchung ist grundlagenorientiert und wird qualitativ basiert. Sie wird explorativ Erkenntnisse zur Beantwortung der Frage generieren, in welche Weltdeutungen und Sinnstrukturen Diskriminierungen eingebettet sind. Es wird erwartet, dass die in den Interviews identifizierten Sinndeutungen eine Typologisierung erlauben, die Nähe und Distanz zu populistischen Dispositionsmustern einzuschätzen erlaubt. Die Studie ist als qualitative Vorstudie zu einer anschließenden quantitativen Studie angelegt.

Thematischer Bezug zu gesellschaftlichem Zusammenhalt

Mit dem Aufstieg und der Konsolidierung rechtspopulistischer Parteien nahm in den vergangenen Jahren die Empfänglichkeit für antidemokratisches Gedankengut sukzessive zu. Gleichwohl ist die antidemokratische Suszeptibilität weniger eine Frage von (oberflächlichen) Einstellungen, sondern von tieferliegenden Dispositionen. Es handelt sich um kognitive Muster und emotionale Impulse, die sich in Sinnkonstruktionen und Weltdeutungen zusammenschließen. Diese Strukturen mögen in sich widersprüchlich sein, sie sind aber nicht beliebig. Sie vermitteln und bündeln Vorstellungen von Identität und Zugehörigkeit, in denen sowohl räumlich, soziale, ökonomische und kulturelle Aspekte der gemeinsame Bezugspunkt sein können. In der wissenschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Diskussion werden solche Formen der Zusammengehörigkeit als eine Dimension des gesellschaftlichen Zusammenhalts verstanden. Zusammengehörigkeit schließt damit immer notwendig Nicht-Zugehörigkeit und Abgrenzung mit ein, was zugleich bedeutet, dass Zusammengehörigkeit und Desintegration kein bloßes Gegensatzpaar sind. Dass der kulturellen Dimension von gesellschaftlichem Zusammenhalt dieses notwendig exkludierende und stark normierende Moment innewohnt, bedeutet auch, dass kein ungebrochener positiver Bezug auf gesellschaftlichen Zusammenhalt möglich ist. Vielmehr ist zu berücksichtigen, welche Form gesellschaftlicher Zusammenhalt in politisch und kulturell bestimmten Räumen annimmt, welche Aus- und Einschlüsse damit auch produziert werden, und wie diese gesellschaftlich verhandelt werden. Die Genese solcher Dispositionen ist Gegenstand einer breit gefächerten Debatte in den unterschiedlichen Theorien des Sozialen, die sowohl die Persönlichkeitsebene als auch eine gesellschaftlich-ideologische Ebene einbezieht. Eine Offenheit für antidemokratische Haltungen, die Neigung zur Diskriminierung und Ausformungen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit müssen daher multidimensional betrachtet werden. Zu ihrer Analyse gehören Krisenphänomene, ihre semantische und symbolische Konstruktion sowie die mentale Repräsentation auf individueller Ebene. Zu der individuellen Ebene gehört auch, wie Krisen und Krisenrepräsentationen den Alltag der Subjekte prägen und in welche Weltdeutungen diese integriert werden. Gerade für die nachwachsenden Generationen eröffnen sich hierdurch Perspektiven, die auf die Dispositionsgenese zielen und Unterschiede verstehbar machen, die durch individuelle und gesellschaftliche Determinanten, kontextuelle und kompositorische Aspekte ungleicher, politisch-gesellschaftlicher und familiärer Sozialisation bedingt sind.

Prof. Dr. Ullrich Bauer
Bielefeld

Prof. Dr. Ullrich Bauer

Ullrich Bauer, Jg. 1971, Dr. PH, ist Professor für Sozialisationsforschung, Leiter des Zentrums für Prävention und Intervention im…
ullrich.bauer@uni-bielefeld.de
Dr. Marc Grimm
Bielefeld

Dr. Marc Grimm

Dr. Marc Grimm ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Prävention und Intervention im Kindes- und Jugendalter der…
marc.grimm@uni-bielefeld.de

Projektmitarbeiter:innen

 Baris Ertugrul
Bielefeld

Baris Ertugrul

Baris Ertugrul ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Arbeitsgruppe Sozialisation, Mitglied am Zentrum für Prävention und…
baris.ertugrul@uni-bielefeld.de

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06 / 2020 – 05 / 2024

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  • Cluster 1: Theorien, Politiken und Kulturen des Zusammenhalts
  • C1: Konflikt und Sicherheit
  • Cluster 2: Strukturen, Räume und Milieus des Zusammenhalts
  • C2: Milieu und soziale Ungleichheiten
  • Cluster 3: Historische, globale und regionale Varianz des Zusammenhalts
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