Entwicklung und Einführung eines Masterstudiengangs „Civic Education“
JEN_T_03 – Jena
Zielsetzung / Fragestellung
In Kooperation mit Prof. Dr. Nicole Harth ist die Entwicklung und Etablierung eines konsekutiven Masterstudiengangs geplant. Dieser hat die Fortbildung von Personen mit abgeschlossenem B.A.-Studium in einem sozial- oder verhaltenswissenschaftlichen Fach zum Ziel. Die Studierenden werden qualifiziert, Menschen unterschiedlichen Alters zu unterstützen, fundamental demokratische Prinzipien zu verstehen und einzusetzen sowie ihre Demokratiekompetenz weiter auszubauen. Sie werden dazu befähigt, sozialwissenschaftliche Analysen zu deuten und in die Praxis umsetzen zu können. Sie erlangen kommunikative Kompetenzen, die sie im Austausch mit zentralen Akteur*innen unterschiedlicher akademischer, nichtakademischer und politischer Handlungsfelder einsetzen. Interdisziplinäres Denken und die Fähigkeit zum Perspektivwechsel werden als Schlüsselqualifikation vermittelt.
Die Ausbildung wird basierend auf dem Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse (HQR 2017) konzipiert. Typische Arbeitsfelder sind beispielsweise die Leitungsebene sozialer Institutionen, NGOs, freie Träger, kulturelle Bildungseinrichtungen und Gedenkstätten, Integrationsbeauftragte, Politikberatung, Partnerschaften für Demokratie, Schul- und Jugendsozialarbeit, Sozialverbände, Diversity und Extremismusprävention. In ihrer professionellen Rolle fungieren die Absolvent*innen als Multiplikator*innen in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft, indem sie durch Bildungs- und Informationsvermittlung demokratische Werte nachhaltig fördern und die Fragen des gesellschaftlichen Zusammenhalts thematisieren. Einzelne Module können für spezielle Zielgruppen (z.B. in Kooperation mit der Hochschule der Polizei Thüringen) ausgekoppelt und angeboten werden. Zentral ist der bidirektionale Theorie-Praxis-Transfer, das heißt der wechselseitige Bezug von Tun und Denken und somit die wissenschaftliche Ausbildung von Praktiker*innen, die in der Gesellschaft wirken. Sowohl die Erkenntnisse aus der Forschung des FGZ als auch aus der Praxis fließen in die Lehrinhalte ein. Konkret werden Praxispartnerschaften mit lokalen Akteur*innen und Stiftungen angestrebt, um den Studiengang anwendungs- und bedarfsorientiert zu gestalten und den Studierenden Einblicke und Kontakte in spätere Tätigkeitsfelder zu vermitteln. Kern der Ausbildung ist demnach der Erwerb der Transferkompetenz, das heißt Wissen und Fähigkeiten darüber, wie Demokratiekompetenz gestärkt werden kann. Dabei kann auf das große Netzwerk der EAH und des IDZ zurückgegriffen werden; beide Einrichtungen haben sich dem Theorie-Praxis-Transfer verschrieben. Aus diesem Grund ist der Masterstudiengang an der Ernst-Abbe-Hochschule in Jena verankert, wo der Anwendungsbezug im Zentrum der Ausbildung steht. Eine enge Kooperation mit den Teilinstituten ist angestrebt, um die Verzahnung von Theorie, Lehrinhalten und der Praxis zu sichern. Dabei können die so entwickelten Module als Web-Seminare via Lernplattform auch als Zusatzqualifikation für den wissenschaftlichen Nachwuchs innerhalb des FGZ angeboten werden.
Thematischer Bezug zu gesellschaftlichem Zusammenhalt
Die Frage nach gesellschaftlichem Zusammenhalt ist komplex und geprägt durch die zentrale Frage, welches Ausmaß an Zusammenhalt für eine Gesellschaft förderlich ist (s. z.B. Wilkinson / Pickett 2007). Eine demokratisch geprägte Diskussionskultur ist unabdingbar um Werte und Normen einer sich verändernden Gesellschaft fortwährend auszuhandeln. Die Absolvent*innen dieses Studiengangs sind in der Lage, potentielle Konflikte zu erkennen, Lösungsansätze zu bieten und beteiligte Personen in Entscheidungsprozesse einzubinden. Gleichzeitig wird ihr Blick für Ressourcen und Spielräume der Demokratisierung geschärft. Sie lernen, Menschen mit und ohne Erfahrungen von sozialer / kultureller Exklusion zu bestärken (Maaitah et al. 2018). Ihre Aufgabe besteht darin, Demokratie im Zeitalter der Globalisierung und Digitalisierung in all ihren Facetten vorzuleben und Räume zu schaffen, in denen produktiver Streit und Austausch stattfinden kann. Ein Schwerpunkt liegt auf der Vermittlung praxisrelevanter Kompetenzen für die Arbeit im dritten Sektor, dessen Bedeutung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und als Arbeitgeber*in zunimmt. Die Konzeptionierung des Studiengangs wird unmittelbar die Impulse aus der Erforschung des gesellschaftlichen Zusammenhalts am FGZ aufnehmen und durch geeignete Konzepte verankern. Im Rahmen des Entwicklungsprozesses werden Schlüsselthemen und -methoden sowie Kooperationsmöglichkeiten eruiert. Ziel ist es, mit dem Studiengang ein innovatives Aushängeschild der Kooperations- und Transferarbeit zwischen Fachkräfteausbildung, Zivilgesellschaft und akademischer Grundlagenforschung aufzubauen.
Vorläufig geplante Inhalte: Interdisziplinäre Theorien / Kenntnisse bezüglich Gruppenprozessen (z.B. Diversität, Diskriminierung, Exklusion, Radikalisierung), Politisches Engagement und Politikberatung, pädagogische Konzepte der politischen Bildung, Umgang und Wirkung digitaler Medien, Recht und sozialwissenschaftliche Forschungsmethoden. Sozialpsychologische Perspektiven werden um soziologische, juristische, kultur- und politikwissenschaftliche Module ergänzt. Insbesondere sollen die Themen der Standorte des FGZ aufgegriffen und in das Curriculum integriert werden. Die Studierenden werden befähigt, praxisrelevante Fragen zu Demokratie, Zivilgesellschaft und gesellschaftlichem Zusammenhalt im 21. Jahrhundert konstruktiv zu bearbeiten und zu vermitteln. Sie sind fähig, wissenschaftliche Befunde kritisch zu prüfen und deren praktische und politische Umsetzung zu vollziehen.
Der konsekutive Masterstudiengang “Civic Education. Demokratiearbeit in der digitalisierten Gesellschaft” wurde im September 2022 ohne Auflagen akkreditiert. Der erste Jahrgang hat im April 2023 das Studium aufgenommen.
Alle Informationen rund um den Studiengang (Curriculum, Bewerbung, Hochschule…) finden sich hier: https://www.sw.eah-jena.de/studium/ma-civic-education/.
Fichtner-Rosada, Sabine 2018: Transferdidaktik in Lehre & Prüfung – Konzept und Anwendungen im Hochschulbereich, in: KCD Schriftenreihe, Band 2, Essen.
Maaitah, Wala; Harth, Nicole S.; Kessler, Thomas 2018: Wie Wasser und Öl, wir mischen uns nicht: Eine Sozialpsychologische Analyse Sozialer Diskriminierung anhand Aussagen geflüchteter Menschen in Deutschland, in: Rohmann, Anette; Stürmer, Stefan (Hrsg.): Die Flüchtlingsdebatte in Deutschland – Sozialpsychologische Perspektiven, Berlin.
Wilkinson, Richard G.; Pickett, Kate E. 2007: The problems of relative deprivation: why some societies do better than others, in: Social Science Medicine 65:9, 1965-1978.
Prof. Dr. Nicole Harth
Dr. Axel Salheiser
Projektmitarbeiter:innen
Maria Schiffels
:
06 / 2020 – 05 / 2024:
- Transferprojekte
Ernst-Abbe-Hochschule Jena
Wie geht zusammen – Perspektiven in einer vernetzten Welt
Ernst-Abbe-Hochschule Jena, Aula Carl-Zeiss-Promenade 2 07745 Jena